Sonntag, 17. April 2011

Geld sparen statt Geld verdienen in "Second Life"

Vor etwa fünf Jahren galt das Online-Spiel "Second Life" als Erfolgsmodell, mit dem sich viel Geld im Netz verdienen ließ. Doch die virtuelle Welt erwies sich als zu kompliziert für viele User. "Second Life" wurde zur Plattform für innovative Firmen, die hier kein Geld verdienen, sondern sparen wollen. 

Von Claudia Sarre, NDR-Hörfunkstudio New York

"Second Life" - das ist eine bunte virtuelle Welt im Netz, in der man reisen, einkaufen, sich verlieben, Eigentum erwerben und Geld verdienen kann. Als Avatar - also als selbstdesignte Kunstfigur - führen die Benutzer hier ein virtuelles Zweitleben. Vor ein paar Jahren wurde dieses fantastische Universum noch als vielversprechende Zukunft des Internets gefeiert. Viele Firmen hatten dicke Geschäfte im Netz gewittert und ließen sich digitale Repräsentanzen einrichten. Doch mittlerweile sind die meisten dieser Illusionen geplatzt.

"Ich glaube, anfangs haben die Firmen versucht, ihre Marketing- und Werbungsmodelle eins zu eins von der realen Welt auf "Second Life" zu übertragen, sagt Mechthild Schmidt, Professorin für digitale Kommunikation und Medien an der New York University. Das habe aber für ein soziales Netzwerk nicht funktioniert - genauso wie es für Facebook nicht funktionieren würde, erklärt Schmidt. Sie glaube, "die meisten Firmen, die noch in "Second Life" sind, machen das mehr als PR".


"Gut fürs Image, aber..."
So versuchten zum Beispiel Sportartikelhersteller ihre neuesten Laufschuhmodelle an den virtuellen Mann zu bringen und Autofirmen stellten ihre neuesten Modelle für Probefahrten zur Verfügung. Alles womöglich gut fürs Image, aber wirklich Geld verdienen ließe sich damit nie, sagt David Dunne von der New Yorker Agentur Velocidi für digitales Marketing. Er glaube, die Marketingfirmen hätten "Second Life" überschätzt. Es ginge tatsächlich darum, eine virtuelle Welt zu erschaffen. Viele Werbeagenturen dachten, dies sei die optimale Plattform, um ihre Produkte zu platzieren, sagt Dunne. "Aber das Marktpotenzial war einfach nicht da."

Das Problem der dreidimensionale Parallelwelt bestehe darin, dass sie für den normalen Internetnutzer viel zu kompliziert sei, erklärt Dunne. Viele Leute stellten schnell fest, dass sie bei "Second Life" gar nicht mitspielen konnten. "Sie hatten nicht die Hardware, keine passende Grafikkarte und auch nicht das Know-how, sich darin zurechtzufinden", so Dunne. Das habe "viele Leute abgeschreckt".

Schweine züchten statt neue Welt bauen
Die Industrie reagierte - und designte einfachere soziale Spiele fürs Netz. Eine der Erfolgsgeschichten in Sachen "Social gaming" ist die virtuelle Landwirtschaft Farmville, bei der man als Spieler Erdbeeren erntet oder Schweine züchtet. Rund 30 Millionen Menschen weltweit spielen Farmville täglich, dem sozialen Netzwerk Facebook beschert es somit eine längere Verweildauer. Derartig Spiele seien für die Masse der Internetnutzer also viel leichter zugänglich, sagt David Dunne, und daher auch als Werbefläche viel attraktiver. Er nehme an, die Erfinder von "Second Life" würden sagen, Farmville sei "langweilig und stupide". Aber durch die einfache Erlernbarkeit könnten eben viele Millionen Menschen an diesen Spielen teilhaben. "Klar, dass sie dann für Firmen viel interessanter sind als ein Spiel, das nur eine Million Nutzer hat."

So ließ zum Beispiel das Hollywoodstudio Dreamworks bei Farmville unlängst eine Mega-Farm bauen, um seinen neuen 3D-Animationsfilm "Megamind" zu bewerben. In "Second Life" sind nur noch wenige Markennamen zu entdecken. Der 3D-Tummelplatz  hat sich in der Zwischenzeit zu einer produktiven Plattform für die Wissenschaft und für innovative Unternehmen entwickelt. Firmen hielten zum Beispiel ihre Konferenzen im virtuellen Raum ab und sparten dadurch Reisekosten, erklärt Schmidt von der New York University. IBM sei ein gutes Beispiel, sagt sie. Die Firma habe zehn Inseln in Second Life gekauft - und jeder könne von seinem Mac oder PC aus an so einem Meeting teilnehmen.

Wer sich als Avatar im dreidimensionalen Web zurechtfindet, dem eröffnet der virtuelle Raum eine Vielfalt an Möglichkeiten. Man mag damit als Unternehmen kein Geld verdienen, aber zumindest Geld sparen lässt sich damit auf alle Fälle.

Anmerkung: An dieser Stelle möchte ich auf die meiner Meinung nach Überbewertung von Facebook, in Bezug auf den Börsengang hinweisen.

Quelle: tagesschau.de

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